Die E-Rechnung als Booster für digitale Prozesse

Ein Beitrag von Andreas Michalewicz (Hessisches Ministerium der Finanzen, Wiesbaden)

Seit dem Jahr 2018 müssen öffentliche Auftraggeber elektronische Rechnungen annehmen, wenn diese bestimmten Anforderungen entsprechen. Bisher liefern jedoch in der Praxis noch nicht allzu viele Lieferanten elektronische Rechnungen und nur der Bund und wenige Bundesländer haben bisher ihre Lieferanten zur Übersendung von elektronischen Rechnungen verpflichtet. Die neuen Systeme in den Verwaltungen funktionieren zwar, sind jedoch nicht ausgelastet und viele Rechnungen werden noch herkömmlich bearbeitet. Die Effizienzgewinne werden so nicht realisiert. Was können die öffentlichen Verwaltungen also dafür tun, dass bei ihnen möglichst viele elektronische Rechnungen ankommen? Der einfachste Weg ist die einzelvertragliche Regelung mit dem Lieferanten oder dem Leistungserbringer. Dazu können in den bilateralen Verträgen Regelungen aufgenommen werden, wie die elektronischen Rechnungen zu übersenden sind und in welchem Format.

Einfacher ist es, die künftigen Lieferanten und Dienstleister schon mit den Ausschreibungsbestimmungen bzw. mit der Vergabe zur Lieferung von elektronischen Rechnungen zu verpflichten. Damit und mit dem gesamten Beschaffungszyklus hat sich eine Podiumsdiskussion im Rahmen des Kongresses Digitaler Staat 2022 beschäftigt. So wissen die Bieter in einem Vergabeverfahren bereits mit der Abgabe eines Angebots, auf was sie sich nach der Zuschlagserteilung einlassen. Dabei ist nicht davon auszugehen, dass im Vergabeverfahren gegebenenfalls weniger Bieter teilnehmen, weil in den Ausschreibungsbestimmungen auf die Lieferung von elektronischen Rechnungen verpflichtet wurde. Denn auch die zukünftigen Lieferanten können sich im Zweifel eines Service-Providers bedienen, wenn sie selbst noch nicht zur Lieferung von elektronischen Rechnungen in der Lage sind. Zudem sind die Kosten dafür sehr überschaubar und die wegfallenden Kosten für Druck, Papier und Porto oftmals um ein Vielfaches höher.

Haben sich beide Vertragsparteien auf den Versand und die Annahme von elektronischen Rechnungen verständigt, so gilt es, die für die korrekte Erstellung der Rechnung notwendigen Informationen auszutauschen. Das FeRD hat zwei Dokumente für einen möglichst passgenauen Onboardingprozess von Lieferanten in Bezug auf die elektronische Rechnungsstellung bei öffentlichen Auftraggebern erarbeitet. Die Hinweise zur elektronischen Rechnungsstellung können öffentliche Verwaltungen nutzen, um ihren Lieferanten Hilfestellungen zur standard-konformen Erstellung und Befüllung von elektronischen Rechnungen mitzugeben. Im Gegenzug haben auch Lieferanten öffentlicher Auftraggeber die Möglichkeit, Detailinformationen zur elektronischen Rechnungsstellung bei ihren öffentlichen Auftraggebern mit Hilfe dieser Unterlage abzufragen. Ergänzend dazu liefert ein zweites Dokument Ausfüllhinweise zum ersten. Die Dokumente können wechselseitig von der öffentlichen Verwaltung und von den Lieferanten genutzt werden.

Insgesamt betrachtet stellt sich die Frage, ob es in Zukunft weiterhin auf die Initiative der Auftraggeber oder der Lieferanten ankommt. Oder sind Entwicklungen absehbar, die zu einer flächendeckenden Einführung der elektronischen Rechnung führen werden? Im Koalitionsvertrag der aktuellen Bundesregierung ist die Einführung einer zentralen Meldestelle für Rechnungen zu finden, die eingeführt werden soll, um den Umsatzsteuerbetrug zu reduzieren. Eine solche Meldestelle ist zum Beispiel aus Italien bekannt und dort schon seit einigen Jahren in Betrieb. Auch Frankreich hat eine Meldestelle bereits angekündigt. Letztlich sind diese Meldestellen nichts anderes, als die flächendeckende Verpflichtung zur elektronischen Rechnungsstellung. Es ist also absehbar, dass auch in Deutschland die elektronische Rechnungsstellung in nächster Zeit zur Pflicht wird. Parallel dazu hat die Europäische Union angekündigt, zur Standardisierung solcher Meldestellen, einen Legislativvorschlag zu machen. Denn eine einheitliche Regelung in Europa würde helfen, auch im grenzüberschreitenden Lieferverkehr Barrieren abzubauen.

Auch wenn es gilt, die Ausgestaltung der angekündigten Regelungen abzuwarten, so ist eines schon jetzt klar: Die Verwaltung und die Wirtschaft werden sich auch in Deutschland weiter auf die elektronische Rechnungsstellung einstellen müssen, denn Papierrechnungen und die damit einhergehenden Prozesse wird es in absehbarere Zeit nicht mehr geben. Auch aus Gründen der Nachhaltigkeit eine gute Entwicklung und ein Booster für ganzheitliche, digitale Prozesse.

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