FeRD-Newsletter: Ausgabe 4 / Dezember 2016

Editorial.
Wird „Rechnungsausdrucker“ Schimpfwort des Jahres 2020?

Sehr geehrte Leserinnen, sehr geehrter Leser des FeRD-Newsletters,

auf die großen Einsparpotenziale und die enormen Prozessverbesserungen, die mit der Einführung der elektronischen Rechnung einhergehen, weist Bitkom schon viele Jahre hin. Wenn wir die Potenziale verstehen und zu nutzen wissen, birgt die Digitalisierung enorme Chancen für alle gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bereiche. Warum sollten Rechnungen da eine Ausnahme darstellen?

In Zusammenarbeit mit FeRD und damit mit einer Vielzahl an Wirtschaftsverbänden und der Politik haben wir deshalb vor knapp 5 Jahren damit begonnen, ein einheitliches Rechnungsformat – das ZUGFeRD – zu entwickeln, welches 2014 fertiggestellt und veröffentlicht wurde. Es war uns äußerst wichtig, dass das Format besonders für kleine und mittlere Unternehmen leicht umsetzbar ist. Die Branche hat zwischenzeitlich geliefert und bietet Tools für Unternehmen jeder Größe an. Rechnungen im ZUGFeRD-Format sind in Buchhaltungs- und ERP Lösungen integriert oder mit einfachen Druckertreibern ohne großen Aufwand erstellbar. Auch verarbeiten viele Systeme die enthaltenen strukturierten Rechnungsdaten automatisch. Von den Finanzbehörden wurden ZUGFeRD-Rechnungen von Beginn an als geeignet eingestuft, dennoch verbreitete sich das Format lange Zeit schleppend. Zu viele Zweifler setzten auf „Abwarten“: abwarten was aus Brüssel kommt, abwarten was die Mitwettbewerber tun, abwarten ob sich das Format durchsetzt oder doch noch etwas anderes kommt. Doch jetzt ist der Knoten geplatzt und die flächendeckende Verwendung ist nur noch eine Frage der Zeit.

Im Europäischen Normungsinstitut CEN ist ZUGFeRD nun als Standard festgelegt worden. Ein Standard, den alle Verwaltungen in der Europäischen Union ab 2019 akzeptieren müssen. Rechnungen an Verwaltungen dürfen ab Inkrafttreten elektronisch gestellt werden. Der Gesetzesentwurf des Innenministeriums sieht eine verpflichtende elektronische Abrechnung auch für Aufträge und Konzessionen vor, deren Auftrags- oder Vertragswert den jeweils geltenden EU-Schwellenwert nicht erreicht. Bitkom begrüßt diese Verpflichtung zur elektronischen Rechnung und sieht damit den Weg der E-Rechnung als Standardverfahren für die Rechnungsstellung in Deutschland geebnet.

Der Zeitpunkt ist da, auf den alle gewartet haben: Die medienbruchfreie Rechnungsverarbeitung wird zum Normalfall und es wird nicht lange dauern, dann wird dem Empfänger eine gedruckte Rechnung so seltsam vorkommen wie ein Telegramm oder ein mit der Schreibmaschine getippter Brief. Bald schon werden „Rechnungsausdrucker“ müde belächelt werden. Es wird also Zeit zu Handeln – das sieht die Wirtschaft so, das sieht die Verwaltung so. Und das hat einen guten Grund: Hinter der Digitalisierung von Geschäftsprozessen verbirgt sich eine tragende Säule der digitalen Transformation unserer Wirtschaft. Eine Transformation, deren Herausforderung wir uns dringend stellen müssen.

Ihr Frank Früh
Bitkom - Bereichsleiter Enterprise Content Management


Stefan Engel-Flechsig, Leiter Forum elektronische Rechnung Deutschland (FeRD)

Eine gemeinsame elektronische Rechnung in Frankreich und Deutschland wird Realität

Ausgangslage

Für die beiden Gründungsmitglieder der Europäischen Union Frankreich und Deutschland ist es von besonderem Interesse, die innergemeinschaftliche Zusammenarbeit weiter zu verbessern und effizienter zu gestalten, um damit die wirtschaftliche Tätigkeit im Europäischen Binnenmarkt zu steigern. Dies gilt insbesondere für die digitale Wirtschaft. In ihrer gemeinsamen Erklärung vom 27.10.2015 haben die Wirtschaftsminister Deutschlands und Frankreichs eine bilaterale Kooperation vereinbart, um starke Impulse in den Bereichen Schaffung und Wachstum von Startups und innovativen Unternehmen, Digitalisierung der Industrie, Weiterentwicklung von Big Data und dem Internet der Dinge sowie Förderung von Kompetenzen, Fähigkeiten und digitalen Studiengängen in Europa zu geben. Sie wollen insbesondere ihre gemeinsamen Anstrengungen fortsetzen, um damit zur Europäischen Digitalen Binnenmarktstrategie beizutragen.

© GS1 Germany

Als Teil dieses Abkommens zur digitalen Wirtschaft verkündeten Angela Merkel und François Hollande bereits am 27. Oktober 2015 während einer gemeinsamen Konferenz zur digitalen Wirtschaft in Paris, dass Deutschland und Frankreich ihre Zusammenarbeit auch zur elektronischen Rechnungstellung intensiveren werden. Diese Ziele wurden für die am 13.12.2016 stattfindende zweite digitale Konferenz in Berlin noch einmal bekräftigt.

Nach den von beiden Ländern bereits ergriffenen Maßnahmen zur Entwicklung im Bereich elektronische Rechnungslegung haben Deutschland und Frankreich im zurückliegenden Jahr gemeinsame Anstrengungen unternommen, um zur Entwicklung eines gemeinsamen technischen Standards für die elektronische Rechnungslegung beizutragen. Die Festlegung eines gemeinsamen Standards wird zu einer Verringerung der Transaktionskosten führen und somit die Weiterentwicklung des elektronischen Austauschs erleichtern, wodurch Unternehmen wettbewerbsfähiger werden. Obwohl die wesentlichen steuerrechtlichen Anforderungen in beiden Ländern vergleichbar sind, sind französische und deutsche Rechnungen weder bezüglich Inhalt noch Format homogen. Unterschiedliche Strategien und Bedingungen des Wirtschaftslebens führen zu Unterschieden bei Rechnungsprozessen im Business-to-Business (B2B) ebenso wie im Business-to-Government (B2G) in beiden Ländern.

Bereits in 2014 haben die beiden deutschen und französischen eInvoicing Foren („Forum elektronische Rechnung Deutschland – FeRD“ und „Forum National De La Facture Electronique – FNFE“) ihre bilaterale Zusammenarbeit begonnen. Die jeweiligen Ministerien – das Bundeskanzleramt und das Ministerium für Wirtschaft und Energie in Deutschland sowie die Premierminister-Dienste und das Ministerium für Wirtschaft und Industrie in Frankreich – haben diese bilaterale Initiative von Anfang an unterstützt und begleitet.

Die Zusammenarbeit konzentriert sich vor allem auf zwei Felder: Zum einen auf die Frage eines gemeinsamen deutsch-französischen Rechnungsformates, das in beiden Ländern in gleicher Weise verwendet werden kann und die Vorgaben des zukünftigen EU Rechnungsformates berücksichtigt; zum anderen haben sich beide Foren mit der Frage der rechtlichen Voraussetzungen elektronischer Rechnungen und der Prüfung durch die Betriebsprüfer in den beiden Ländern auseinandergesetzt.

Gemeinsames Rechnungsformat

Basierend auf dem Konzept des „Hybridrechnung“ war es das Ziel der bilateralen Zusammenarbeit, einen gemeinsamen Standard für elektronische Rechnungen zu definieren; damit kann eine Rechnung mit strukturierten Daten automatisch verarbeitet und mit PDF visualisiert werden. Beide Foren sind davon überzeugt, das mit dem hybriden Ansatz vor allem die kleinen und mittleren Unternehmen in Stand gesetzt werden, mit ihren Geschäftspartnern und Kunden elektronische Rechnungen auszutauschen. Die Visualisierung der strukturierten Daten erlaubt die Kontrolle und Prüfung durch die Steuerbehörden in beiden Ländern.

Die Experten aus beiden nationalen Foren haben sich mehrfach getroffen, um die vorhandenen nationalen Standards zu vergleichen und die Grundlage für einen gemeinsamen deutsch-französischen Rechnungsstandard zu schaffen. Bereits auf der dritten FeRD-Konferenz am 6./7.9.2016 in Berlin konnte eine gemeinsame Grundstruktur für den gemeinsamen deutsch-französischen Rechnungsstandard vorgestellt werden.

Selbstverständlich haben die Experten der beiden Foren sich auch bei der Entwicklung des europäischen Rechnungsformates im Rahmen von CEN TC 434 eng abgestimmt, um Vorgaben und Wünsche der europäischen Stabilisierung in den gemeinsamen deutsch-französischen Standard aufzunehmen. Der Deutsch-Französische Rechnungsstandard wird daher hinsichtlich Datenmodell und Syntaxverwendung konform mit der zukünftigen Europäischen Norm, die im Laufe des kommenden Jahres zu erwarten ist, sein.

Zur Erleichterung von B-2-G eInvoicing hat die französische Regierung im Jahr 2012 eine Plattform „Chorus Factures“ installiert, die zur Zeit zur Plattform „CPP 2017“ entwickelt  wird; diese Plattform wird Peer-to-Peer-Electronic Data Interchange (EDI) und hybride Rechnung (PDF mit strukturierten Daten) ermöglichen. In beiden Optionen werden strukturierte Rechnungsdaten verwendet. Dabei werden globale Standards wie XML UN/CEFACT und OASIS UBL zugrunde gelegt.

Deutschland hat mit „ZUGFeRD“ (www.zugferd.de) ein Format entwickelt, das für den Austausch von Rechnungsdaten zwischen Unternehmen, Behörden und Verbrauchern gleichermaßen geeignet ist. Eine ZUGFeRD-Rechnung besteht aus einer bildlichen Präsentation der Rechnung, die im Format PDF/A-3 angezeigt wird. Darüber hinaus enthält es die Rechnungsinformationen als strukturierte und maschinenlesbare Daten in einer XML-Datei, die als Anhang an die PDF-Datei eingebettet ist. ZUG-FeRD basiert auf offenen globalen Standards wie UN/CEFACT XML, der UN/CEFACT Cross Industry Rechnung und CEN Invoice Message-Guidelines.

Viele Unternehmen und die öffentliche Verwaltung sowohl in Deutschland als auch in Frankreich haben die Chancen erkannt, die sich mit elektronischen Rechnungen ergeben. Bei entsprechender Verbreitung lassen sich Milliarden Euro an Steuergeldern sparen:

  • Wesentlich für den Erfolg eines neuen Rechnungsformats ist die Trennung der Entscheidungssphären zwischen Rechnungsversender und Rechnungsempfänger, das heißt, dass beide Parteien unabhängig voneinander in der Lage sein müssen, ihre Prozesse zu optimieren. Diese Eigenschaft gewährleisten nur hybride Rechnungsformate, d.h. kombinierte Rechnungsformate aus Rechnungsbild und Rechnungsdaten.

  • Ein hybrides Rechnungsformat erreicht nachweislich Kleinst-/ Kleinunternehmen und Verwal-tungen sämtlicher Größenklassen und findet auch eine breite Unterstützung bei Softwarehersteller und im Bereich der Open Source Lösungen.

Beide Foren haben vereinbart, ihre Erfahrungen und Werkzeuge in Bezug auf ihre nationalen Ansätze auszutauschen. Nach einem Treffen in Karlsruhe/Deutschland im März 2016 fand das letzte Arbeits-treffen am 9. und 10.11.2016 in Paris statt.

Der gemeinsame deutsch-französische Standard ist ein hybrides Rechnungsformat, das wie ZUGFeRD auf PDF A/3 und XML UNCEFACT D16.B basiert. Es sind fünf gemeinsame Profile festgelegt (M, Basix WL, Basic, Comfort, Extended). Eine gemeinsame Dokumentation in den Sprachen Deutsch, Französisch und Englisch ist in Vorbereitung. Diese Dokumentation wird auch die Nutzung in den jeweiligen nationalen Zusammenhängen beschreiben. Der deutsch-französische Standard wird einen gemeinsamen Namen erhalten und soll bis zum März 2017 fertiggestellt sein. Es ist geplant einen Workshop mit interessierten Teilnehmern aus anderen nationalen Foren durchzuführen.

Rechtliche Grundlagen

Beide Länder haben die Richtlinie 2010/45 des Europäischen Rates in das jeweilige nationale Umsatzsteuerrecht umgesetzt. In beiden Ländern gelten die gleichen Bedingungen für elektronische Rechnungen. Insbesondere gilt der Grundsatz, dass im Vergleich zu Papierrechnungen keine zusätzlichen Anforderungen an elektronische Rechnungen gestellt werden dürfen; es gilt in beiden Ländern auch der Grundsatz, dass die steuerpflichtigen Unternehmen für die Organisation ihrer innerbetrieblichen Kontrollverfahren verantwortlich sind; elektronische Signaturen oder EDI-Verfahren sind in beiden Ländern optional möglich.

Vor diesem steuerrechtlichen Hintergrund ist es für beide Foren interessant, die tatsächliche Praxis in beiden Ländern detaillierter zu vergleichen und eventuelle Unterschiede zwischen den rechtlichen Regelungen und der tatsächlichen Praxis festzustellen.

Bei den ersten Workshops zu dieser Frage haben sich bereits bei einigen grundlegenden Fragen eine ganze Reihe von unterschiedlichen Antworten in Deutschland und Frankreich herausgestellt, wie z.B.: Welche Daten müssen genau in Rechnungen aufgeführt werden?, Wie können elektronische Rechnungen aufbewahrt werden?, Können Papierbelege auch gescannt aufbewahrt werden?, Wenn ja, in welcher Weise?, Was beinhaltet eine hybride Rechnung?. Ist eine Rechnung ein „Dokument“ oder nur eine Aneinanderreihung von Datenelementen?

Diese grundlegenden Unterschiede beeinflussen auch die Methode und die Praxis der Betriebsprüfung in beiden Ländern: Was wird genau überprüft, und welchen Regeln folgt eine Betriebsprüfung? Die Antworten auf diese Fragen können für Unternehmen in Deutschland und Frankreich und vor allem für solche die deutsch-französische Handelsbeziehungen pflegen, entscheidend sein.

Die Experten beider Foren haben  deshalb am 9. und 10. November 2016 in Paris beschlossen, in einem nächsten Schritt die Unterschiede zwischen Deutschland und Frankreich bei elektronischen Rechnungen detailliert zu beschreiben; der von FeRD bereits 2015 vorgelegte Leitfaden zu elektronischen Rechnungen wird dabei auch für die französischen Kollegen modellhaft sein. In einem weiteren Schritt sollen aber auch ganz konkret die Erfahrungen der Unternehmen in Deutschland und Frankreich erfasst werden. Dies soll sowohl mithilfe einer quantitativen Befragung (200–500 Unternehmen) als auch einer qualitativen Analyse (10–30 ausgewählte Unternehmen) geschehen. Dabei werden sich die Fragen auf die Bereiche Betriebsprüfung, elektronische Rechnung und ganz praktische Erfahrungen der Unternehmen beschränken.

Der Zeithorizont für diese beiden Aufgaben ist auf die nächsten sechs Monate festgelegt; die in beiden Foren vertretenen Organisationen wie DIHK, MEDEF, VDA und GALIA haben ihre Unterstützung  zugesagt. Die Ergebnisse sollen Grundlage für eine gemeinsame Analyse, eine gemeinsame Handreichung für Unternehmen und soweit erforderlich auch für gemeinsame Verbesserungen in den genannten Bereichen in Deutschland und Frankreich sein.

Zusammenfassung

Die deutsch-französische Initiative zur elektronischen Rechnung hat sich sehr gut etabliert und setzt ihre Aufgaben mit konkreten Ergebnissen in die Tat um: Die Erarbeitung eines gemeinsamen deutsch-französischen Formates für die elektronische Rechnung hat ganz konkrete Auswirkungen auf die deutsch-französischen Handelsbeziehungen. Der detaillierte Vergleich der Anforderungen an elektronische Rechnungen im Bereich der rechtlichen Grundlagen und der angewendeten Prüfverfahren wirkt sich für deutsche wie auch französische Unternehmen mit einer detaillierteren Information und Vergleichbarkeit beider Systeme aus. Beide Ergebnisse werden so zu einer Angleichung der Voraussetzungen für elektronische Rechnungen in beiden Ländern führen.


Publikation

AWV-Spezial „Der Weg zur E-Rechnung in der Verwaltungspraxis“- Komplette AWV-Publikation jetzt als kostenfreier Download

Das Thema elektronische Rechnung in der öffentlichen Verwaltung gewinnt zunehmend an Bedeutung. Besondere Relevanz hat die elektronische Rechnungsbearbeitung durch entsprechende rechtliche Vorgaben: Die EU-Richtlinie 2014/55/EU über die elektronische Rechnungsstellung im öffentlichen Auftragswesen schreibt den Empfang und die Weiterleitung von elektronischen Rechnungen verbindlich vor und ist bis zum 27. November 2018 in nationales Recht umzusetzen.

Damit die E-Rechnung wirksam eingesetzt wird/werden kann und für die Verwaltungen Nutzen entsteht, sind von den Anwendern bereits jetzt Vorbereitungen bezüglich der Arbeitsabläufe in ihrer Verwaltung zu treffen. Die vorliegende Publikation rückt dabei drei Themenfelder in den Fokus: „Der Weg zur E-Rechnung in der Verwaltungspraxis: Rahmenbedingungen“, „Wirtschaft und Verwaltung im Themenfeld elektronische Rechnung“ sowie „Unterstützungsangebote und praktische Erfahrungen“.

Die Publikation können Sie hier kostenfrei downloaden.


Termin

16.03.2017 SEEBURGER E-Invoicing-Kongress

06.04.2017 EuroFactura 2017 in Köln

09.05.2017 Infotag E-Rechnung des VDMA


Kontakt
Stefan Engel-Flechsig
Leiter FeRD
Tel.: +49 228 28 98 253/254
E-Mail: stefan@engel-flechsig.de