Wie war oder ist die Situation bezüglich des elektronischen Systems für die MwSt-Erklärung in Frankreich?

In Frankreich ist es seit einigen Jahren üblich, die MwSt-Erklärungen elektronisch einzureichen.  Sie können entweder ein Web-Portal oder einen Wirtschaftsprüfer nutzen, um die Steuerdaten elektronisch zu übermitteln. Die darauf spezialisierte Website „Jedeclare.com” beispielsweise ist seit 2000 in Betrieb.

Wann ist die Einführung der elektronischen Rechnung für B2B geplant, und in welchen Schritten? Wer ist daran beteiligt und in welcher Eigenschaft?

Ab dem 1. Juli 2024 müssen alle Unternehmen in der Lage sein, elektronische Rechnungen in den drei EN16931-konformen Formaten UBL, CII oder Factur-X empfangen zu können. Die verbindliche Erstellung von Rechnungen in einem dieser Formate wird schrittweise eingeführt, beginnend mit großen Unternehmen bis Juli 2024, gefolgt von mittleren Unternehmen bis Januar 2025 und abschließend von kleinen Unternehmen bis Januar 2026.

Es wurde bereits eine nationale Plattform eingerichtet, auf der die für die Steuerverwaltung erforderlichen Rechnungsdaten (die Pflichtfelder) gesammelt werden. Ausschließlich diese nationale Plattform (PPF) sowie zertifizierte private Plattformen (PDP) werden autorisiert sein, im Auftrag der Unternehmen inländische elektronische Rechnungen auszutauschen. Sie werden kontinuierliche Transaktionskontrollen gewährleisten und die erforderlichen Rechnungsdaten für die Steuerverwaltung bereitstellen. Jedes Unternehmen wird eine PDP oder das PPF für den Empfang und Versand seiner inländischen Rechnungen wählen müssen. Darüber hinaus müssen die Unternehmen auch Informationen zu B2C- und internationale B2B-Verkäufe sowie für internationale B2B-Einkäufe in Echtzeit melden.

Wird dann jedes Unternehmen verpflichtet sein, über die notwendige IT und einen Internetzugang zu verfügen? Wie werden kleine Unternehmen dazu motiviert, Rechnungen elektronisch zu versenden und zu empfangen?

Ja, der Einsatz von IT wird unumgänglich sein, jedes Unternehmen wird sich an der digitalen Transformation beteiligen müssen. Dies eröffnet auch interessante Möglichkeiten für neue Geschäftsideen und dürfte auch neue Arbeitsplätze schaffen. Dadurch dürfte ein ganz neues Ökosystem entstehen. Für KMU werden Steuerberater, Banken, Dienstleister auf dem Gebiet der E-Rechnung oder auch neue Akteure wie Fintechs sicherlich eine besondere Rolle spielen, um ihnen den Einstieg in die Reform zu erleichtern.

Sind Sie der Meinung, dass die E-Rechnung in ganz Europa obligatorisch sein sollte?

Ja, es ist sinnvoll, von Unternehmen zu erwarten, ihre Rechnungen im EU-Raum elektronisch auszutauschen. Bis dahin wird es natürlich Zeit brauchen. Schließlich hat es rund 30 Jahre gedauert, elektronische Geschäftsdaten auf den Stand hin zu entwickeln, den sie jetzt erreicht haben. Ohne entsprechenden Druck wird die Verpflichtung zur 100-prozentigen elektronischen Rechnungsstellung allerdings wohl kaum erreichbar sein. Deshalb muss sie verbindlich vorgeschrieben werden.

Welche Erkenntnisse haben Sie bei der Vorbereitung und Umsetzung der obligatorischen elektronischen Rechnung gewonnen? Gibt es etwas, das Sie beim nächsten Mal anders machen würden?

Ich kann Ihnen versichern, dass es kein nächstes Mal geben wird. Wir sind sehr zufrieden mit der gegenseitigen Unterstützung und der transparenten Zusammenarbeit mit der französischen Finanzverwaltung. Allerdings haben wir festgestellt, dass die Rechnungsstellung ein komplexer Prozess ist, viel komplexer, als wir es uns anfangs vorgestellt hatten. Diese Reform ist übrigens auch eine gute Gelegenheit, die Geschäftsprozesse im Rechnungswesen zu vereinheitlichen.

Herr Sautereau, wir bedanken uns für dieses Interview.


Das Interview wurde geführt und aus dem Französischen übersetzt von Dominique Corazolla (Symtrax S.A.), ehrenamtlich Mitarbeitender im FeRD-Competence Center 3 „Standards, Formate & Integration”.


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